Neues aus dem Bereich ESM/EEG September 2023

Vergeblich gewartet

Bereits im letzten Newsletter-Beitrag zur Einspeiseseite haben wir ein kurzes Schlaglicht auf die „Photovoltaik-Strategie“ des BMWK gesetzt; dabei insbesondere auf das enthaltene „Solarpaket I“. Für dieses, repräsentiert durch den am 29.06. veröffentlichten „Entwurf eines Gesetzes zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung“, kurz „Solarausbau-Gesetz“, endete die Frist zur Stellungnahme für Länder und Verbände am 05.07.2023. Das war ein denkbar knapper zeitlicher Horizont. Berücksichtigte man aber das Anliegen der Regierung, den Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause vom Bundeskabinett verabschieden zu lassen, damit dieser anschließend im Bundestag beraten und beschlossen werden kann, so erschien die knappe Frist auf einmal angemessen – mindestens! Etwas verspätet, aber immerhin: Am 16.08. dann hatte das Bundeskabinett den Regierungsentwurf verabschiedet. Ab dem 04.09.2023 geht es weiter mit dem Gesetzgebungsprozess. Bezüglich der zeitlichen Abläufe gibt es also weiterhin Potenzial nach oben!

Die Inhalte des finalen „Solarausbau-Gesetzes“ sollen in den folgenden Newslettern zur Einspeiseseite Stück für Stück beleuchtet werden. 

Interessant sind sie bereits im Entwurfsstatus allemal für VNB, MSB und Anlagenbetreiber. Nicht zuletzt aber auch für die Softwarehersteller und in Folge auch die Beratungshäuser, denn es soll sich schon so einiges tun! Im Wilken ESM blüht uns beispielsweise fast schon zwangsläufig eine neue EEG-Einspeiseart. Die „unentgeltliche Abnahme“, die in Gestalt einer neuen Vergütungsform im § 21 Abs. 1 EEG 2023 ergänzt werden soll. Diese gilt für EEG-Anlagen < 400 kW bei Inbetriebnahme vor dem 01.01.2026, bzw. < 200 kW bei späterer Inbetriebnahme, soweit für diese Anlagen keine Festvergütung, Ausfallvergütung oder gesetzliche Anschlussförderung beansprucht wird. Der anzulegende Wert liegt, wie es der Name schon verrät, bei Zuordnung zur „unentgeltlichen Abnahme“, und somit zum EEG-Bilanzkreis des Netzbetreibers, bei null.

Die neue Vergütungsform ist insbesondere gedacht für Anlagen, mit sehr hohem Eigenverbrauchsanteil, die wegen ihrer Größe der Direktvermarktungspflicht unterliegen, jedoch wegen ihres ungeeigneten Einspeiseprofils keinen aufnehmenden Händler finden. Es soll somit verhindert werden, dass Anlagen mit hohem Eigenverbrauchsanteil ohne Platznot kleiner dimensioniert werden, um nicht unter die Direktvermarktungspflicht ab > 100 kW zu fallen. Ebenso soll so erreicht werden, dass Anlagen, die wegen anderweitiger Förderprogramme keine EEG-Vergütung in Anspruch nehmen können, dem EEG-Bilanzkreis zugutekommen.

Steckersolargeräte sollen ebenfalls dieser neuen Vergütungsform zugeordnet werden, was Ihnen wiederum die Anmeldung beim Netzbetreiber nebst Netzverträglichkeitsprüfung erspart. Das Ganze soll gelten für Anlagen bis zu einer installierten Leistung von 2 kW, soweit die Wechselrichterleistung 800 VA nicht übersteigt. Bei der Meldepflicht für diese Anlagen im MaStR soll es jedoch bleiben – auch bei der Monatsfrist. Das Anmeldeverfahren für derlei Anlagen soll jedoch deutlich „abgespeckt“ werden. Über die automatisch ausgelöste Netzbetreiberprüfung soll dieser so auch grundsätzlich Kenntnis von der Anlage erhalten und prüfen, ob die zulässige Anlagenleistung nicht überschritten wird. Ach ja – und das ist noch wichtiger: Der Prozess sieht vor, dass der Netzbetreiber den zuständigen MSB über einen ggf. notwendigen Zählertausch informieren soll. Dieser soll „unverzüglich“, jedoch unter Berücksichtigung der eigenen Rollout-Planungen, erfolgen. Die Zählernummer hat der Anlagenbetreiber dabei im Rahmen seiner Anmeldung im MaStR anzugeben. Ob der Gesetzgeber hierbei an die Meldemoral der Anlagenbetreiber gedacht hat? So mancher Zähler wird sich sicher länger rückwärts drehen, als es dem Netzbetreiber lieb sein kann. Die Differenzen in der Bilanzierung sind oftmals ohnehin schon sehr hoch durch die Menge an Neuanlagen, die noch nicht in den Systemen erfasst sind.

Jede Anlage, bis zu den oben genannten Leistungsschwellen, soll automatisch der „unentgeltlichen Abnahme“ und somit dem EEG-Bilanzkreis zugeordnet werden, für die vom Betreiber keine Angabe zur Vermarktungsform gemacht wird. Ausnahme: Anlagen, die ab Stichtag als „ausgeförderte Anlage“ gelten. Rührt sich hier der Anlagenbetreiber nicht bis zum 30.11. des Vorjahres, soll es bei der bisherigen Regelung bleiben, die den Strom zwar auch auf den EEG-Bilanzkreis führt, die aber zur entsprechen zeitlich begrenzten Anschlussförderung verhilft.

Im Zuge dieser geplanten Erweiterung des § 21 EEG soll auch gleich geregelt werden, dass sich der Anzulegende Wert bei Überschreitung der Höchstdauer der Ausfallvergütung nicht mehr auf den Marktwert absenkt, sondern auf null. Ein „Dauerparken“ in der Ausfallvergütung wird somit nochmals unattraktiver. Gut für den VNB, der immer wieder mit seinem ÜNB in Diskussion treten musste, ob dieser Marktwert denn auf 80% reduziert werden müsse oder nicht. Problematisch: Was ist bspw. mit größeren Anlagen in „Nulleinspeisung“ oder bei Vergütungsverzicht? All diese Themen werden wir in den kommenden Monaten nach Verabschiedung des Gesetzes noch genauer beleuchten. Zunächst heißt es jedoch abwarten, was tatsächlich aus dem Entwurf wird. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Entscheidungsträger möglichst viele der eingereichten und praxisnahen Stellungnahmen zu Herzen nehmen bezüglich so manchem Thema, das ohne Nachbesserung zukünftig zu großen Problemen in der täglichen Anwendung führen wird. Wir bleiben dran!

Aktueller Stand zu §52 Abs. 1 Nr. 11

Im Rahmen seiner Stellungnahme zum inzwischen überholten Referentenentwurf hat der BDEW um eine Klarstellung bezüglich der Anforderungen bei verspäteter Meldung einer Anlage im MaStR und fehlender § 71 Meldung gebeten. Sie kam nicht, obwohl diese bitter nötig gewesen wäre. Wir werden also weiterhin mit nicht wenigen Unklarheiten leben müssen. Heute ist es so, dass kaum ein VNB in 2023 nach genannter Norm sanktioniert. Wilken hatte zunächst die automatische Sanktionierung in Fortführung der Umsetzung aus dem EEG 2017 & 2021 eingeführt. Diese setzte dabei voraus, dass die § 71 Meldung jeweils erfolgt (sofortige Reduktion von 10 auf 2 €/kW/Monat). Bei PV-Anlagen handelt es sich bei dieser Meldung insbesondere um die Zählerstandsmeldung für das entsprechende Jahr.
Auch wenn davon auszugehen ist, dass es sich beim Wortlaut der entsprechenden Sanktion um einen Formulierungsfehler des Gesetzgebers handelt, so weist doch der BDEW auf die Notwendigkeit der engen Gesetzesauslegung hin – zumindest bis die Formulierung „repariert“ wird.

Stand heute kann die Sanktion also frühestens ab dem 01.03.2024 gelten; und zwar in die Zukunft! Wilken hat inzwischen den Automatismus wieder deaktiviert. Per weiterer Umsetzung kann dieser per SYM-Schalter auf Wunsch wieder aktiviert werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit, die Sanktion anlagenscharf zuzuschalten. Dort, wo Sie bisher, nach altem Mechanismus, die Sanktion „12a“ zugeschaltet hatten. Bei Fragen zu dieser Umsetzung wenden Sie sich gerne an uns! Es besteht inzwischen also die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob und ab wann man sanktionieren möchte. Leicht war und ist diese Entscheidung nicht! Und wenn man dann sanktioniert, wann endet die Sanktion? An dieser Stelle zeichnet sich erneut eine Meinungs-Differenz zwischen BDEW und BNetzA ab, wie es auch schon bei der Vorgängerregelung aus dem EEG 2017 & 2021 der Fall war (Rückwirkung der „20PZ-Sanktion“).

Nehmen wir als Beispiel eine Anlage mit Inbetriebnahme in 2023. Ohne Meldung im Register in und ohne § 71 Meldung für 2023. Sichtweise des Verbandes ist, dass bereits eine Meldung im Register in 2024 für den Doppelverstoß auflösend wirken muss, auch ohne, dass die § 71 Meldung für 2023 erfolgt ist (Schwerpunkt der Sanktion: Meldung im Register, da die fehlende § 71 Meldung schon wegen § 26 vergütungsverhindernd wirkt). Ansonsten müsste, im konkreten Beispiel, wiederum bis zum 28.02.2025 abgewartet werden, ob für das Abrechnungsjahr 2024 eine Absenkung infrage kommt, da erst dann wieder die Möglichkeit für den Anlagenbetreiber besteht, eine fristgerechte § 71 Meldung abzugeben. So sieht es zurzeit die BNetzA. Müssen das die VNB-Prozesse zum Jahresabschluss EEG wirklich hergeben? Hier ist aus unserer Sicht dringend eine praktikable Klarstellung seitens des Gesetzgebers gefragt!