Der Start des Lieferantenwechsels
in 24 Stunden (kurz: LFW24) rückt immer näher
Zum 04.04.2025 soll es so weit sein. Per Überführung der MPES in die GPKE werden auch die „erzeugenden Marktlokationen (Strom)“ von den Umstellungen betroffen sein. Wir werden zu diesem Thema berichten! Eine wesentliche und durchaus gewollte Folge der Umstellung auf die Abwicklung eines Lieferantenwechsels innerhalb von 24 Stunden ist die, dass manuelle Arbeiten bzw. Eingriffe bis hin zu deren Unmöglichkeit erschwert werden. Ein maximaler Grad an Automatisierung und Beschleunigung soll her – ganz unabhängig von vertraglich vereinbarten Bindungsfristen zwischen Lieferant und Letztverbraucher. Was durch die Standardisierung auf der Bezugsseite noch relativ gut umsetzbar sein mag, muss auf der Einspeiseseite ungleich schwerer fallen durch die zahlreichen Einzel- und Sonderfälle, die insbesondere den Regelungen des EEG geschuldet sind. Denken Sie nur einmal selbst an das Anlagenportfolio Ihres Netzgebiets!
Was einspeiseseitig automatisierbar
ist, sollte natürlich schnellstens in Angriff genommen werden
Einen weiteren Baustein hierzu liefert die neue unidirektionale Schnittstelle vom Marktstammdatenregister in das Wilken ESM, über die beispielsweise die Masse an Steckersolaranlagen in Ihr System übernommen werden kann. Eine wesentliche Strategie auf der Einspeiseseite muss sein, durch möglichst weitgehende Automatisierung des Massengeschäfts Zeit (und auch Nerven?) zu gewinnen für diejenigen Fälle, die Ihrer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen. Ganz im Sinne der obigen Aussage zu den EEG-induzierten Einzel- bzw. Sonderfällen möchten wir uns im Folgenden, wie bereits im letzten Newsletter für die Einspeiseseite angekündigt, dem Thema der Anlagenzusammenfassung gemäß der Vorgaben des aktuellen Fassung des EEG widmen.
Fokusthema „Anlagenzusammenfassung ab dem Solarpaket
I“
Der Gesetzgeber hatte per Solarpaket I zahlreiche Vereinfachungen versprochen. So auch zur Anlagenzusammenfassung nach dem EEG. Dass diese Aussage eher nicht die Verteilnetzbetreiber (VNB) adressierte, schwante bereits vor Inkrafttreten des Solarpakets I jedem, der sich beruflich tagtäglich im einspeiseseitigen Netzbetrieb einbringt. Im letzten Newsletter für die Einspeiseseite wurde bereits ein kleiner Vorgeschmack gegeben auf die Neuerungen zur Anlagenzusammenfassung.
So müssen beispielsweise Steckersolargeräte, die hinter der Entnahmestelle eines Letztverbrauchers mit insgesamt bis zu 2 kW und 800 VA betrieben werden, mit Wirkung vom 16.05.2024 grundsätzlich keine technischen Vorgaben nach § 9 EEG mehr erfüllen. Zusätzlich werden diese aus den Zusammenfassungsregeln nach den §§ 9 Abs. 3 und § 24 Abs. 1 (Vergütung, Leistungsschwellwerte für die Direktvermarktungspflicht, die unentgeltliche Abnahme sowie die Pflicht zur Ausschreibung) grundsätzlich herausgenommen. Das Spannende dabei, wie im letzten Newsletter bereits angerissen: immer nur bis zu den genannten Leistungsschwellen! Was passiert aber, wenn diese Leistungsschwellen überschritten werden, beispielsweise per Anlagenzubau, der tatsächlich in diesem Zusammenhang bereits vorkommt? Genau das möchten wir im Folgenden beleuchten!
Zunächst beginnen wir jedoch mit einem Überblick über die restlichen grundlegenden Neuerungen zu den Zusammenfassungsregeln des EEG durch das Solarpaket I:
- Anlagen werden nach der neuen Gesetzeslage nur noch dann zusammengefasst, wenn sie sich hinter demselben Netzverknüpfungspunkt befinden. Betroffen hiervon ist die Zusammenfassung sowohl nach § 9, als auch nach § 24 EEG.
- Bürgerenergieanlagen (sowohl Windkraft als auch Solar-Freifläche) werden zudem nur noch untereinander nach § 24 zusammengefasst, nicht aber mit Anlagen, die keine Bürgerenergieanlagen sind.
- Es entfällt das Erfordernis der „Gebäudegleichheit“ bezüglich der Ausnahmeregelung von der Anlagenzusammenfassung nach § 24 gemäß § 48 Abs. 2a EEG für gemeinsam betriebene PV-Voll- und Überschusseinspeiseanlagen.
- Die gesamten neuen Zusammenfassungsregelungen der §§ 9 und 24 sind erst für Anlagen mit Inbetriebnahme ab dem 16.05.2024 anzuwenden! Gleiches gilt für die Neuregelung unter § 48 Abs. 2a Satz 2 EEG. Das bedeutet wiederum, dass es seit dem 16.05.2024 zwei Welten bezüglich der Regelungen zur Anlagenzusammenfassung gibt, die es zu beachten gilt. Vereinfachung? Bewerten Sie selbst!
Um uns dem „Spezialfall Steckersolargerät“ zu nähern, müssen wir uns zunächst in Erinnerung rufen, dass es Unterschiede gibt bezüglich der Zusammenfassungsregeln nach § 9 und 24:
- Bei § 9 zählt ab dem Moment eines Zubaus die Gesamtleistung der fiktiven Anlage für alle Anlagen innerhalb der „Zusammenfassungskette“. Ein Zubau kann somit Auswirkungen auf Bestandsanlagen haben.
- Bei § 24 gilt wiederum das „Windhundprinzip“, welches sich aus der Formulierung „für den jeweils zuletzt in Betrieb gesetzten Generator“ ergibt. Für eine betrachtete Anlage ist demnach rein die Leistungssumme derjenigen Anlagen zu berücksichtigen, die auf dem Zeitstrahl links dieser Anlage liegen.
Welche Schlussfolgerungen müssen wir hieraus
für Steckersolargeräte ziehen, bei denen die oben genannten Leistungsgrenzen
überschritten werden?
Bei einem Steckersolargerät, das per se die Leistungsgrenzen überschreitet, handelt es sich schlicht und einfach um eine „ganz normale“ PV-Anlage. Eine vereinfachte Anmeldung nach § 8 Abs. 5a EEG ist somit nicht möglich. Auch erfolgt keine Herausnahme aus den einschlägigen Zusammenfassungsregeln. Ganz einfach!
Nicht mehr so einfach, aber leider schon Realität: Zu einem bereits vorhandenen privilegierten Steckersolargerät kommt ein weiteres hinzu, das für sich auch privilegiert wäre, welches aber, zusammengerechnet mit dem ersten Steckersolargerät, die Leistungsgrenzen übersteigt.
Klarer Fall: das vereinfachte Anmeldeverfahren ist für diese Anlage nicht nutzbar!
Zusätzlich ist ab dem Zubaudatum des zweiten Steckersolargeräts in diesem Fall bezüglich § 9 die Gesamtleistung des virtuellen Anlagenkonstrukts zu berücksichtigen hinsichtlich der entsprechenden Leistungsschwellwerte. Da § 9 eine echte Rückwirkung kennt, existiert nun in dieser Anlagenklammerung kein privilegiertes Steckersolargerät mehr! Die Leistung des ersten Steckersolargeräts muss mitgezählt werden!
Bezüglich § 24 sieht das anders aus
Soweit die Clearingstelle nichts anderes entscheidet, wäre wohl ab Zubau des beispielhaften zweiten Steckersolargeräts die Gesamtleistung aller Steckersolargeräte nur für Anlagen zu berücksichtigen, die zeitlich ab diesem Datum installiert werden. Für das erste Steckersolargerät müsste demnach das „Steckersolar-Privileg“ bezüglich § 24 weitergelten für alle Anlagen, die vor dem Zubau des zweiten Steckersolargeräts installiert wurden. Das würde dazu führen, dass für diese Anlagen keine nachträgliche, ggf. andernfalls nötige, Anpassung der vergütungsseitigen Leistungszonung erfolgen muss!
Jetzt nehmen wir noch den Logik-Bruch vom 15. auf den 16. Mai hinzu (unsere „zwei Welten“) und fertig ist die vom BMWK propagierte Vereinfachung! Massengeschäftstauglichkeit? Auch an dieser Stelle dürfen Sie selbst bewerten!
Prinzipiell wird man wohl festhalten dürfen, dass mit den „Vereinfachungen“ im Wesentlichen Besserstellungen der Anlagenbetreiber gemeint waren.
Ob der Gesetzgeber aber bei der Ausformulierung des neuen § 48 Abs. 2a EEG an Nachfolgendes gedacht hat?
Durch Streichung des Erfordernisses der „Gebäudegleichheit“ bezüglich der Ausnahmeregelung von der Anlagenzusammenfassung für gemeinsam betriebene PV-Voll- und Überschusseinspeiseanlagen liegt der Fokus für Anlagen mit Inbetriebnahme ab dem 16.05.2024 nun nur noch auf dem Grundstück.
Daraus ergibt sich ein theoretischer Vorteil in den Möglichkeiten für den Anlagenbetreiber bei zwei Anlagen auf einem Grundstück, die sich jeweils auf einem separaten Gebäude befinden. Wenn sich auf einem Grundstück jedoch zwei Gebäude befinden, auf denen sich jeweils zwei Anlagen befinden, dann kann nicht mehr wie früher jeweils gebäudespezifisch getrennt werden hinsichtlich der Zusammenfassungsregel aus § 24 Abs. 1 Satz 1 EEG – eine theoretische Schlechterstellung der Anlagenbetreiber gegenüber der bisherigen Regelung!
Sie haben Fragen zur Anlagenzusammenfassung allgemein, oder auch zu konkreten Anwendungsfällen? Wir sind gerne für Sie da!
Im nächsten Newsletter für die Einspeiseseite wollen wir uns der „unentgeltlichen Abnahme“ widmen, deren Umsetzung nun im Wilken ESM ansteht.
Unter anderem wollen wir der Frage nachgehen, ob es sinnvoll sein könnte, alle Steckersolargeräte, unabhängig von deren Inbetriebnahmedatum, in die neue Veräußerungsform zu überführen.