Neues aus dem Bereich ESM/EEG Oktober 2024

Unentgeltliche Abnahme (UEA)

Welchem Zweck die per Solarpaket I neu im EEG eingeführte Veräußerungsform dienen soll, wurde in der Presse bereits hinlänglich ausgeführt, daher seien einleitend nur noch die Schlaglichter genannt.

Den wichtigsten Punkt stellte für den Gesetzgeber die Schaffung eines Anreizes für eine bessere Dachflächenausnutzung bei vor allem gewerblich genutzten Solaranlagen mit hohem Eigenverbrauchsanteil dar. Vor dem Solarpaket I wurden entsprechende Dachflächen (beispielsweise auf Supermärkten) oftmals, um eine Direktvermarktungspflicht zu umgehen, nur mit exakt 100 kW belegt, obwohl noch ausreichend Platz für weitere Module gewesen wäre. Weiterhin sollte Anlagenbetreibern eine Möglichkeit eröffnet werden, Förderprogramme auch außerhalb des EEG in Anspruch nehmen zu können bei gleichzeitiger Nutzung des EEG-Bilanzkreises des Netzbetreibers.

Regulatorische Neuerungen im Bereich Einspeisemanagement EEG

In diesem Zuge wurde den Betreibern von Steckersolargeräten per UEA zudem eine administrativ sehr einfache Vermarktungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt; übrigens ein spannendes Thema, das wird im Rahmen unseres letzten Newsletters behandelt hatten!

Schlussendlich sollte die UEA auch noch denjenigen Betreibern von direktvermarktungspflichtigen Anlagen aus der Klemme helfen, die nur deshalb dauerhaft (und somit seit Mitte Mai teilweise verschärft sanktioniert) der Ausfallvergütung zugeordnet waren, weil sie keinen aufnehmenden Händler fanden; meistens bedingt durch ein schlechtes Einspeiseprofil auf Grund eines sehr hohen Eigenverbrauchsanteils – womit der Kreis der Zweckbestimmung thematisch geschlossen wäre.

Nach diesem kurzen Einblick in das „Warum“ wollen wir uns im Folgenden den Detailausprägungen der neuen EEG-Veräußerungsform zuwenden. Sicherlich haben Sie diese bereits im Wilken ESM entdeckt.


Fokusthema „unentgeltliche Abnahme“

Die Sache mit der neuen EEG-Veräußerungsform erscheint auf den ersten Blick im Grundsatz ganz einfach. Eine Anlage, die der UEA zugeordnet wird, erhält keine Vergütung. Abgebildet wir das im Wälzungsmechanismus über den energieträgerabhängigen Vergütungsschlüssel XxK-kVG——0. Bilanziell wird der Strom dem EEG-Bilanzkreis des Netzbetreibers zugeordnet. Auf bekanntem Wege weitergeleitet an die ÜNB, entlastet dieser Strom das EEG-Konto und somit am Ende die Allgemeinheit. Eingeführt wurde die UEA dabei mit Wirkung vom 16.05.2024 auch für Bestandsanlagen. So weit, so simpel.

Im Tagesgeschäft angekommen stellt man jedoch schnell fest, dass sich hinter dem Thema doch mehr verbirgt, als die relativ wenigen zugehörigen Zeilen im Gesetzestext vermuten lassen.

Nachfolgend wollen wir der neuen Veräußerungsform daher näher auf den Zahn fühlen und tun dies über Anwendungsfragen, die uns entweder bereits erreicht haben, oder die uns gut und gerne hätten gestellt werden können.


Um Anlagen welcher Größe geht es und gelten hierzu Übergangsbestimmungen?

Eine Anlage kann nur dann der neuen Veräußerungsform zugeordnet werden, wenn ihre installierte Leistung, unter Beachtung der Zusammenfassungsregel nach § 24, unter 200 kW bleibt. Schon geht es also los mit den Feinheiten, die es zu beachten gilt, denn üblicherweise – und das EEG ist gespickt mit Leistungsschwellwerten – ist der im Gesetz genannte Leistungswert, dem man sich gedanklich von unten nähert, jeweils noch von der Regelung miterfasst! So kann beispielsweise bis inklusive 100 kW noch die gesetzliche Einspeisevergütung in Anspruch genommen werden, man ist aktuell bis inklusive 1 MW von der Ausschreibungspflicht befreit und so weiter.

Wie eingangs bereits erwähnt, ist die UEA seit dem Inkrafttreten des Solarpakets I auch von Bestandsanlagen nutzbar. Für Anlagen mit einer Inbetriebnahme bis zum 31.12.2025 gilt dabei, dass diese sogar bis zu einer Leistung von kleiner 400 kW der UEA zugeordnet werden dürfen. Anlagen ab inklusive 400 kW dürfen der UEA im Umkehrschluss hingegen ausnahmslos nicht zugeordnet werden!

Warum stellt die Einführung der UEA einen echten Systemwechsel im EEG dar und was gilt es in diesem Zusammenhang zu beachten?


Vor dem EEG 2014 stellte die gesetzliche Einspeisevergütung (hier: „EEG-Vergütung“) die Standardveräußerungsform für EEG-Anlagen jedweder Größe dar. Das EEG 2014 führte uns am Ende dahin, wo wir heute auch noch stehen: Anlagen mit einer installierten Leistung > 100 kW sind direktvermarktungspflichtig. Seit dem Inkrafttreten des Solarpakets I gilt das so direkt jedoch nur noch für Anlagen, für die eine Vergütung beansprucht wird, da die UEA ja, aktuell bis < 400 und grundsätzlich bis < 200 kW, gezielt von dieser Pflicht befreit. In das Selbstverständnis der Direktvermarktungspflicht für Anlagen > 100 kW tritt seit dem späten Frühjahr also zusätzlich die UEA als gesetzlich definierte Standardveräußerungsform für Anlagen < 200 kW, was uns sogleich zum nächsten Thema führt.

Gibt es bezüglich der UEA gesetzlich vorgegebene „Zuordnungsautomatismen“, wie es unter anderem bei ausgeförderten Anlagen der Fall ist?

Ja! Für Steckersolargeräte, die das vereinfachte Anmeldeverfahren über das MaStR nutzen, gilt, dass diese verpflichtend der UEA zuzuordnen sind. Diese Bedingung definiert § 8 Abs. 5a EEG. Wirklich in sich hat es aber die Regelung aus § 21c Abs. 1 Satz 3 EEG. Dort wird nicht weniger bestimmt, als dass eine EEG-Anlage < 200 kW automatisch der UEA zuzuordnen ist, wenn der Betreiber im Anmeldeprozess keine anderslautende Angabe zur gewünschten Veräußerungsform macht! Dies gilt demnach formal auch für diejenigen Anlagen, von denen sicher auszugehen ist, dass der Betreiber eine Vergütung beanspruchen möchte (insbesondere Solar/Gebäude-Anlagen, die nicht Steckersolargerät sind bis einschließlich 100 kW). Es empfiehlt sich an dieser Stelle daher dringend, im Rahmen des Anmeldeprozesses insbesondere für diese Anlagenklasse die Veräußerungsform als Pflichtangabe abzufragen.

Gilt dieser „Zuordnungsautomatismus“ auch für Anlagen bis < 400 kW?

Nein! Für die „Übergangsanlagen“ von 200 bis < 400 kW gilt dieser Automatismus dem Gesetzeswortlaut nach nicht. Fehlt für diese Anlagen die Angabe zur Veräußerungsform, sind diese daher der Ausfallvergütung zuzuordnen und parallel nach § 52 Abs. 1 Nr. 9 EEG wegen fehlender fristgerechter Zuordnung zu einer Veräußerungsform zu sanktionieren. Um die ggf. drohende zusätzliche Sanktion bei Zeitüberschreitung in der Ausfallvergütung (zusätzliche Nullvergütung) zu umgehen, muss sich der Anlagenbetreiber aktiv um die Zuordnung zur UEA bemühen. In diesem Zusammenhang ist wiederum die Regelung aus § 21b Abs. 1 Satz 4 EEG zu beachten, nach der eine Anlage der Ausfallvergütung nicht zugeordnet werden darf, wenn sie innerhalb der letzten 24 Monate zumindest zeitweise der UEA zugeordnet war.

Können Steckersolargeräte demnach inzwischen keine Vergütung mehr erhalten?

Doch! Ihnen steht dann jedoch das vereinfachte Anmeldeverfahren nach § 8 Abs. 5a EEG nicht offen. Möchte ein Anlagenbetreiber eine Vergütung beanspruchen, so hat er den entsprechenden Anmeldeprozess beim Netzbetreiber zu durchlaufen. Der Anschluss der Anlage ist in diesem Fall erst dann zulässig, wenn der Zweirichtungszähler gesetzt wurde. Im Übrigen ist aber theoretisch auch ein späterer Wechsel aus der UEA in die gesetzliche Vergütung möglich. Es gilt dann der übliche Fristenmonat für den Wechsel und natürlich muss Ihnen der Anlagenbetreiber die initialen abrechnungsrelevanten Daten nach § 71 EEG übermitteln.

Die neue Veräußerungsform stand im System nicht direkt seit dem 16.05.2024 zur Verfügung. Macht eine einheitliche Zuordnung aller Steckersolargeräte zur UEA Sinn, die bisher noch der EEG-Vergütung zugeordnet sind?

Im Sinne einer stammdatenseitigen Einheitlichkeit liegt es nahe, alle Steckersolargeräte der UEA zuzuordnen, die seit Inkrafttreten des Solarpakets I per vereinfachter MaStR-Anmeldung ins System gekommen sind. Zuordnungsbeginn wäre das Inbetriebnahmedatum bzw. dasjenige Datum, das auf Grund bereits vorliegender Abrechnungen frühestens möglich ist. Ebenso können auch alle älteren Steckersolargeräte der neuen Veräußerungsform zugewiesen werden, die bisher der EEG-Vergütung (mit Vergütungsverzicht!) zugeordnet waren. Hier können Sie ein möglichst einheitliches Zuordnungsbeginn-Datum wählen, das nach dem 15.05.2024 liegt und das technisch umsetzbar ist. Beachten Sie, dass Ihrem ÜNB im Rahmen der Stammdatenmeldung so lange noch die Veräußerungsform der EEG-Vergütung zu melden ist, bis dieser seine Meldedatei entsprechend um die UEA ergänzt hat, soweit dies nicht bereits geschehen ist.

Ein Betreiber eines Steckersolargeräts kommt seiner Verpflichtung nach § 71 EEG zur jährlichen Zählerstandsübermittlung nicht nach. Was kann ich als Netzbetreiber tun?

Die Pflicht nach § 71 EEG erfasst auch Betreiber von Steckersolargeräten, die der UEA zugeordnet sind. Da diese Anlagen meistens rein über die Anmeldung im MaStR zu Ihnen kommen, ist eine Sanktion nach § 52 Abs. 1 Nr. 11 EEG ausgeschlossen, da ein „Doppelverstoß“ nicht möglich ist. Da Sie jedoch die Energiemengen dieser Anlagen an Ihren ÜNB melden müssen, bleibt Ihnen nur, derlei Fälle, möglichst mit vorhergehender Ankündigung, der BNetzA zu melden. Sie als VNB haben keine direkte Sanktionsmöglichkeit.

Welche Neuerungen zur UEA erwarten uns im Wilken ESM in der Dezemberversion?

  • Steckersolargeräte bis 2 kW werden beim Anlegen standardmäßig der UEA zugeordnet werden.
  • Zusätzlich wird die Verwendungsmöglichkeit der neuen Veräußerungsform entlang des Gesetzeswortlauts ausgedehnt werden auf Anlagen bis < 400 kW bei Inbetriebnahme bis einschließlich 2025.
  • Um ein möglichst praxisnahes Systemverhalten zu gewährleisten, werden Anlagen > 2 bis einschließlich 100 kW weiterhin zunächst automatisch der Veräußerungsform der EEG-Vergütung zugeordnet werden.
  • Bei Anlagen > 100 kW wird sich das System jedoch strikt entlang des Gesetzeswortlauts verhalten (initiale Zuordnung zur UEA bis < 200 kW).
  • Bezüglich des auf 24 Monate begrenzten „Zuordnungsverbots“ zur Ausfallvergütung nach Nutzung der UEA wird ein entsprechender Warnhinweis eingefügt werden, möchte der Anwender die Veräußerungsform entsprechend ändern.

Im nächsten Newsletter für die Einspeiseseite werden wir uns dem Thema der „gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung“ zuwenden und ergründen, ab wann uns dieses Thema operativ erreichen wird.