Fokusthema „Solarspitzen-Gesetz“ aus Sicht des VNB-Einspeise-Teams
Seit unserem letzten Artikel unter der Rubrik „Neues aus dem Bereich ESM | EEG“ hat sich so einiges getan! Nicht nur die Tage sind zwischenzeitlich deutlich länger geworden, auch die meisten „Spezialfälle“ in der Jahresendabrechnung EEG sind inzwischen bewältigt – dafür beginnt die heiße Phase der Jahresabschlüsse EEG und KWKG gerade erst so richtig. Was aber die Einspeise-Teams bei den Verteilnetzbetreibern (VNB) zurzeit „ganz nebenbei“ noch zusätzlich beschäftigt, ist das Inkrafttreten des „Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Vermeidung von temporären Erzeugungsüberschüssen“ – kurz: des „Solarspitzen-Gesetzes“ mit Wirkung vom 25. Februar. Das Artikelgesetz bringt relevante Neuerungen vor allem im EnWG, MsbG und EEG mit sich, denen wir uns in den kommenden Beiträgen für die Einspeiseseite zuwenden wollen. Einen Überblick über die wichtigsten Themen haben wir bereits in unserer letzten Veröffentlichung gegeben (IVU Newsletter Februar 2025). Übrigens: Mit dem „Solarspitzen-Gesetz“ erreicht das EEG 2023 nunmehr bereits seine neunte Fassung und so dürfen wir inzwischen mit Fug und Recht vom „EEG-2023-09“ sprechen!

Aktuell brennt den VNB-Einspeise-Teams eine Frage besonders unter den Nägeln: „Auf welche Neuerungen der Novelle muss denn sofort geachtet werden?“ Suchen wir nachfolgend die Antworten! Fokusthema „Solarspitzen-Gesetz“ aus Sicht des VNB-Einspeise-Teams
Jeder, der sich in seinem beruflichen Alltag mit den Herausforderungen aus EEG & Co. auseinandersetzt, wird vermutlich fast schon täglich über die ein oder andere Frage stolpern, die sich aus der Praxis ergibt. Das „Solarspitzen-Gesetz“ wurde, wie noch zu erwähnen sein wird, „mit heißer Nadel gestrickt“ – ein Umstand, der Garant ist für eine Vielzahl von Fragen. Die Themen sind dabei vielfältig, der Rahmen unserer Veröffentlichungen jedoch begrenzt. So wenden wir uns ausgewählten Fragen zu, die wir als relevant für die EEG-Anwender ausmachen konnten.
Frage aus dem VNB-Einspeise-Team zu den neuen Steuerbarkeitsanforderungen
„Ab wann gelten die neuen Regelungen zu den Steuerungsanforderungen von dezentralen Erzeugungsanlagen, wie sind diese ausgeprägt für die einzelnen Leistungsklassen bis zum Einbau der neuen Technik und wann trifft uns als Netzbetreiber die Pflicht, Verstöße nach § 52 EEG zu sanktionieren, denn es gab doch auch Pflichtverschiebungen hin zum MSB (siehe hierzu unseren letzten Beitrag aus dem Februar)?“
Das „Solarspitzen-Gesetz“ gilt mit Wirkung vom 25.02.2025. Rein die Formalitäten zur im Sommer kommenden Umstellung des Strommarkts von 1h auf ¼ h-Kontrakte gelten rückwirkend zum 01.01.2025. Von den Neuregelungen sind zunächst also Anlagen mit Inbetriebnahme ab dem 25. Februar betroffen. Für Neuanlagen gilt bis zum Einbau eines intelligenten Messsystems (iMSys) + „Steuerbox“ und erfolgreichem Funktionstest:
EEG- und KWKG-Anlagen ab 100 kW
- Abrufung Ist-Einspeisung
- Ferngesteuerte Reduzierung der Einspeiseleistung
- Weiterhin Einsatz vorhandener konventioneller Technik z. B. Funkrundsteuerung mit RLM oder Fernwirktechnik
EEG- und KWKG-Anlagen ≥ 25 kW und < 100 kW
- Ferngesteuerte Reduzierung der Einspeiseleistung, dabei zunächst weiterhin Einsatz vorhandener konventioneller Technik z. B. Funkrundsteuerung
- Für Anlagen in der gesetzlichen Einspeisevergütung (+ ggf. Mieterstromzuschlag) muss die Wirkleistungseinspeisung zusätzlich (!) zur herkömmlichen Technik auf 60 % der installierten Leistung begrenzt werden.
EEG- und KWK-Anlagen < 25 kW
- Für Anlagen in der gesetzlichen Einspeisevergütung (+ ggf. Mieterstromzuschlag) und KWKG-Anlagen muss die Wirkleistungseinspeisung auf 60 % der installierten Leistung begrenzt werden.
- Steckersolargeräte sind von den Anforderungen dabei komplett befreit.
Bei der Betrachtung von Bestandsanlagen muss unterschieden werden, ob sie bereits dem EEG 2023 zuzuordnen sind, oder noch einer Vorgängerfassung (Inbetriebnahme oder Zuschlag bis inklusive EEG 2021). So gilt für:
Anlagen bis EEG 2021
- Bis zum Einbau des iMSys + „Steuerbox“ nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 MsbG bleibt die bereits verbaute Technik zum Steuern der Anlage bzw. die 70%-Wirkleistungsreduzierung erhalten. Es ergeben sich keine neuen Anforderungen aus der Novelle.
- Die nachträgliche Aufhebung der 70 %-Regelung ist seit dem 25. Februar nicht mehr möglich, es besteht aber Bestandsschutz, soweit die Aufhebung der Begrenzung vor Ablauf des 25.02.2025 (!) erfolgte.
„EEG 2023-Altanlagen“ (Inbetriebnahme oder Zuschlag bis zum 24.02.2025)
- Bis zum Einbau von iMSys + „Steuerbox“ und erfolgreicher Testung muss übergangsweise keine Umsetzung der Begrenzung der Wirkleistungseinspeisung auf 60 % erfolgen.
- Bis zum Einbau von iMSys + „Steuerbox“ und erfolgreicher Testung müssen EEG- und KWK- Anlagen ≥ 25 kW und < 100 kW die ferngesteuerte Reduzierung der Einspeiseleistung durch konventionelle Technik (bspw. Funkrundsteuerempfänger) vornehmen.
- Bis zum Einbau von iMSys + „Steuerbox“ und erfolgreicher Testung müssen EEG- und KWK-Anlagen ≥ 100 kW die ferngesteuerte Reduzierung der Einspeiseleistung und die Abrufung der Ist-Einspeisung durch konventionelle Technik vornehmen (bspw. z. B. Funkrundsteuerempfänger + RLM).
Hinweis: Haben Sie es übrigens bemerkt? Klammheimlich hat sich eine minimale Verschiebung der Leistungs-Schwellwerte in den neuen § 9 Abs. 2 EEG 2023-09 eingeschlichen, die es bei allen EEG-2023-Anlagen zu beachten gilt! Für diese verschieben sich die Leistungsgruppen minimal, denn ab dem 25.02. sind Anlagen von genau 25 oder 100 kW der nächsthöheren Gruppe zuzuordnen!
Bezüglich der Sanktionspflicht nach § 52 EEG kann man festhalten: Bis zur Ausstattung mit iMSys + „Steuerbox“ ist die „klassische Technik“ per Sanktion zu überwachen mit Verantwortlichkeit beim Anlagenbetreiber – und zwar, was die Ausstattungspflicht und die Funktionsfähigkeit angeht! Sobald die neue Technik des dann verantwortlichen MSB verbaut ist, kommt dieser wiederum in die Pflicht und der Anlagenbetreiber muss gemäß § 9 EEG 2023-09 dann nur noch dafür Sorge tragen, dass seine Anlage auch ordentlich auf die Technik des MSB reagieren kann.
Was das Thema Steuerung von dezentralen Erzeugungsanlagen angeht, begleitet einen beim Studium des „Solarspitzen-Gesetzes“ ein seltsames Gefühl. Irgendwie greifen hier EnWG, MsbG und EEG nicht ganz widerspruchsfrei ineinander, was in der Praxis zu nicht wenigen Fragen führen wird, die aus juristischer Sicht nicht einfach zu beantworten sein werden. Der Gesetzgeber hat diese Inkonsistenzen bewusst in Kauf genommen, um den Gesetzgebungsprozess nicht weiter zu verzögern. So erwartet uns vermutlich bereits in diesem Jahr schon die nächste Novelle zum Thema Steuerbarkeit, die diese Inkonsistenzen ausräumen soll. Wir dürfen gespannt sein und bis dahin gilt es, Fragestellungen, die juristisch nicht zu beantworten sind, möglichst praxistauglich zu begegnen.
Vor der 9 kommt die 8 – und so gibt es auch Neuerungen zum Thema Netzanschluss, die Sie in diesem Zusammenhang sofort berücksichtigen sollten. So haben Sie im Rahmen des Netzanschlussprozesses den Anschlussbegehrenden auf die Verpflichtungen nach § 9 EEG hinzuweisen, an dem sich – siehe oben – einiges getan hat. Auch kann es vorkommen, dass Sie vielleicht von einem Ihrer Installateure gefragt werden (Ihre Marktrolle sei an dieser Stelle einmal kurz dahingestellt), wie denn mit den physischen und logischen Schnittstellen zwischen der „Steuerbox“ und dem System des Kunden umzugehen sei. Hier ist der FNN aktuell dabei, ein entsprechendes Handout für Installateure vorzubereiten – nutzen Sie dieses, sobald es veröffentlicht ist!
Eine weitere sofort zu beachtende Neuerung ergibt sich aus dem neu eingefügten § 8b EEG 2023-09, demnach innerhalb von vier Wochen nach Annahme des Netzanschlussangebots die MaLo-ID für die Einspeisung zu übermitteln ist, um die Folgeprozesse, namentlich die zur Direktvermarktung, zu beschleunigen. Hier muss der Netzanschlussprozess also ebenfalls ertüchtigt werden!
Um das Thema mit der Steuerbarkeit und dem vorweg notwendigen (Pflicht-)Rollout beim MSB trotz aller Unsicherheiten und Stressfaktoren dennoch mit einem Schmunzeln abzuschließen: In unserem Artikel aus dem Februar hatten wir berichtet, dass sich der novellierte Pflicht-Rollout nicht mehr auf Einbauzahlen bezieht, sondern auf Quoten über die installierte Leistung. Sie betreiben ein Netz mit einer überschaubaren PV-Anschlussleistungen? Da würde sich beispielsweise eine Freiflächenanlage gut dazu eignen, die Quote auf einen Schlag zu erfüllen, indem diese mit der entsprechenden Technik ausgerüstet wird. In Folge könnten Sie den kommenden Jahren entspannt entgegenblicken!
Frage aus dem VNB-Einspeise-Team zum Thema negative Börsenpreise und § 51 EEG
„Ab wann und für welche Anlagen gelten die Neuregelungen des § 51 EEG 2023-09?“
Die Neuregelungen des § 51 EEG 2023-09 gelten sofort für Neuanlagen mit Inbetriebnahme oder Zuschlagsverfahren ab dem 25.02.2025. Demnach sind diese Anlagen ab dem ersten negativen Zeitraum von den Neuregelungen betroffen. Ausgenommen sind aktuell grundsätzlich Neuanlagen kleiner 2 kW und Neuanlagen kleiner 100 kW bis einschließlich des Jahres, in dem an diesen ein iMSys verbaut wurde. Heißt auch: ab dem Folgejahr sind diese Anlagen kleiner 100 kW dann ebenfalls von den Neuregelungen betroffen. Bis zur Umstellung auf Viertelstundenprodukte für die einheitliche Day-Ahead-Marktkopplung im Sommer ist der „Zeitraum“ dabei übrigens noch die Stunde!
Hinweis: Die Möglichkeit der automatischen Aggregation der Einspeise-/Erzeugungs-Mengen aus dem MDM (für RLM-Anlagen) für die relevanten Zeiträume im Wilken ESM steht mit Version 4.0.26.00 zur Verfügung. Die Umsetzungen hinsichtlich der Anlagenerkennung nach den oben genannten Anforderungen erfolgen schnellstmöglich!
Übrigens: Sollten Sie von einem Bestands-Einspeisekunden nach der Option der Teilnahme an den Regelungen des neuen § 51 EEG 2023-09 bei Vergütungserhöhung um 0,6 Cent/kWh gefragt werden: Diese Regelung steht noch unter dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU-Kommission und darf daher noch nicht angewendet werden! Dasselbe gilt für die Neuregelungen nach § 51b EEG 2023-09 (Verringerung des Zahlungsanspruchs für Biogasanlagen in Ausschreibungen bei schwach positiven und negativen Preisen). Dem Thema der Vergütungsverlängerung für neue Solaranlagen nach § 51a EEG 2023-09 wollen wir uns in einem späteren Artikel ausführlicher zuwenden. So viel vorweg: Ein Blick auf dieses Thema lohnt sich!
Frage aus dem VNB-Einspeise-Team zum Thema MaStR-Nummer auf der Abrechnung nach § 26 EEG
„Ab wann und für welche Anlagen gilt die neue Pflicht nach § 26 Abs. 3 EEG 2023-09, die MaStR-Nummer auf der Rechnung mit anzudrucken?“
Hier können wir uns kurzfassen: Die neue Pflicht gilt für alle EEG-Anlagen ab dem Inkrafttreten der Novelle. Da sich die Pflicht aber explizit auf die Endabrechnung (demnach mit Stichtag zum 31.12. des Abrechnungsjahres) erstreckt, besteht keine Eile, die MaStR-Nummer (EEG-Nummer) mit auf den Abrechnungs-Report zu nehmen.
Hinweis: Wir empfehlen trotzdem, soweit nicht bereits geschehen, die MaStR-Nummer so bald wie möglich ganz prinzipiell in den Abrechnungs-Report zu übernehmen, ganz unabhängig davon, ob es sich nun um eine Gesamt-, Teil- oder Schlussrechnung handelt. Sprechen Sie uns hierzu gerne an!
Wir hoffen, es war in diesem Beitrag das ein oder andere spannende Thema für Sie dabei. Sollten Ihnen aktuell Fragen zum „Solarspitzen-Gesetz“ oder anderen Themen offen sein, kommen Sie bitte jederzeit gerne auf uns zu.